Energieausweis

für bestehende Gebäude

Darunter versteht man jene Energieausweise, die für bestehende Gebäude erstellt werden.

Grundlegender Unterschied zum Energieausweis, der zur Baueinreichung erstellt wird ist der, dass bei der Baueinreichung der Energieausweis Teil der Planungsgrundlage  ist auf dessen Grundlage die Bauausführung erfolgt. Wenn ein Energieausweis für ein bereits bestehendes Gebäude erstellt wird, ist die Reihenfolge genau umgekehrt, dann muss der Energieausweis dem Objekt „folgen“.

Sofern exakte Ausführungpläne vorliegen ist das unproblematisch, der Arbeitsablauf bei der Energieausweiserstellung ist nahezu identisch zur Baueinreichung, der Energieausweis wird nach den Ausführungsplänen erstellt. Schwieriger ist die Situation wenn keine, oder nur teilweise mit der Ausführung übereinstimmende Pläne, vorliegen. Das kommt bei bestehenden Objekten erfahrungsgemäß – leider – fast immer vor, weil einerseits im Zuge der Bauausführung häufig Änderungen realisiert werden ohne die Pläne zu aktualisieren, oder im Laufe der Zeit Zu- und Umbauten stattfinden, die nicht planlich belegt sind, und so weiter. Von manchen Objekten sind weder bei der Baubehörde, noch beim Auftraggeber Pläne vorliegend. Ob diverse Umbauten ohne Wissen der Baubehörde gesetzlichen Vorgaben widerspricht oder nicht, soll an dieser Stelle nicht Gegenstand der Diskussion sein, für den  Energieausweis ist aber wesentlich, dass dieser nicht mit den vorliegenden Plänen, sondern mit der Bauausführung überein stimmen muss. Dadurch ist der Aufwand für die Erstellung von Energieausweisen für bestehende Gebäude jedenfalls höher als für Baueinreichungen, weil eine Befundaufnahme vor Ort in der Regel unumgänglich ist, zumal der Ersteller des Energieausweises bis zu einem gewissen Grad für die Richtigkeit des Energieausweises haftet. Das kann soweit führen, dass eine Neuvermessung des Objektes erforderlich wird. Je nach Verwendungszweck des Energieausweises ist zu entscheiden, wie exakt die Datenerhebung erfolgen muss. Wird der Energieausweis ausschließlich für Vermietung oder Verkauf der Immobilie erstellt, sind gewisse Vereinfachungen zulässig, wenn der Energieausweis als Grundlage für Sanierungen dienen soll, sind meistens umfangreichere Maßnahmen erforderlich.

Wann benötigt man einen Energieausweis für ein bereits bestehendes Gebäude?

  • Bei Verkauf oder In-Bestand-Gabe, also Verpachtung und Vermietung einer Immobilie
  • Als Grundlage für Sanierungen
  • Wenn Sie über den Stand der Technik und die  Energieeffizienz Ihres Gebäudes informiert sein möchten
  • Zur Inanspruchnahme von diversen Förderungen (Vorher/Nachher Vergleich bei thermischen Sanierungsmaßnahmen)
  • usw.

Häufigster Grund für die Erstellung eines Bestandsenergieausweiweises ist die Vermietung oder der Verkauf einer Immobilie.

Verkauf oder Vermietung von Immobilien

Seit 2009 ist das Energieausweisvorlagegesetz in Kraft, dieses wurde 2012 noch einmal verschärft, was zur Folge hat, dass seitdem  die Verwaltungsübertretung des Nicht-Vorlegens bzw. Nicht-Aushändigens eines Energieausweises mit bis zu 1.450,-€ geahndet werden kann.

Grundsätzlich regelt das Energieausweis-Vorlage-Gesetz (EAVG) die Pflicht des Verkäufers oder Bestandgebers, beim Verkauf oder bei der In-Bestand-Gabe (also Vermietung, Verpachtung, etc.) eines Gebäudes oder Nutzungsobjektes dem Käufer oder  Bestandnehmer einen Energieausweis vorzulegen und auszuhändigen. Weiters regelt es die Pflicht zur Angabe bestimmter Kennwerte, nämlich des HWBs (Heizwärmebedarfs) und fGEEs (Gesamtenergiefaktors), über die energietechnische Qualität des Objekts in Anzeigen.

Der komplette Gesetzestext des Energieausweisvorlagegesetzes steht im Downloadbereich bereit.

Es stellt sich natürlich für Vermieter und Verkäufer die Frage,

für welche Objekte ist bei Verkauf und In-Bestand-Gabe ein Energieausweis erforderlich?

Für konditionierte Gebäude mit einer Gesamtnutzfläche von mehr als 50m²

für welche Objekte ist bei Verkauf und In-Bestand-Gabe ein Energieausweis NICHT erforderlich?

  • Gebäude, die nur frostfrei gehalten werden
  • im Verkaufsfall Gebäude, die aufgrund ihres schlechten Erhaltungszustands objektiv abbruchreif sind und in einer allfälligen Anzeige nach §3 das Gebäude als abbruchreif bezeichnet und im Kaufvertrag davon ausgegangen wird, dass der Käufer das Gebäude binnen dreier Jahre nach Vertragsabschluss abbrechen werde
  • Gebäude, die ausschließlich für religiöse Zwecke genutzt werden
  • provisorisch errichtete Gebäude mit einer Nutzungsdauer von höchstens zwei Jahren
  • Industrieanlagen, Werkstätten und landwirtschaftliche Nutzgebäude, bei denen jeweils der überwiegende Teil der für die Konditionierung des Innenraumklimas erforderlichen Energie durch die im Gebäude entstehende Abwärme aufgebracht wird
  • Wohngebäude, die nicht das ganze Jahr über genutzt werden und deren Energiebedarf daher nur bei einem Viertel der ganzjährigen Nutzung liegt
  • frei stehende Gebäude mit einer Gesamtnutzfläche von weniger als 50m²

Berechnungsmethoden und Aussagekraft

Bei Mehrfamilienwohnhäusern bzw. Objekten unterschiedlicher Nutzungen sind einige Punkte zu berücksichtigen:

  1. Es kann entweder ein Energieausweis für die konkret angebotene Nutzungseinheit, oder aber auch für das gesamte Gebäude, in dem sich die Nutzungseinheit befindet, vorgelegt werden. Achtung, dieser Punkt hat große Auswirkung auf die Aussagekraft des Energieausweises. Wenn nämlich ein Energieausweis für das gesamte Gebäude vorliegt, beschreiben die ausgewiesenen Energiekennzahlen den Mittelwert aller Nutzungseinheiten. Als Interessent an einer einzelnen Wohnung in diesem Gebäude muss man daher in Kauf nehmen, dass das energetische Verhalten dieser Wohnung gravierend anders sein kann, als jenes des Gesamtgebäudes. Es kommt nämlich darauf an, wo im Gebäude sich dieses Nutzungsobjekt befindet. Exponierte Wohnungen haben höhere Energieverbräuche, und geschützt dazwischenliegende Wohnungen haben niedrigere Energieverbräuche, bezogen auf die für das ganze Gebäude ausgewiesenen Energiekennzahlen. Diese Abweichungen sind umso größer, je schlechter der thermische Zustand des Gebäudes insgesamt ist. Ein Energieausweis, der für eine konkrete Wohnung erstellt wurde ist immer aussagekräftiger als ein Energieausweis für das Gesamtgebäude. Rechtlich ist aber die Vorlage eines Energieausweises des Gesamtgebäudes, auch wenn nur eine einzelne Nutzungseinheit vermietet/verkauft wird,  in Ordnung.
  2. Für baugleiche Objekte (Wohnungen, Reihenhäuser, usw.) unter gleichen Umgebungsbedingungen kann derselbe Energieausweis verwendet werden. Prinzipiell sind Energieausweise, die eine einzelne Wohneinheit betreffen natürlich genauer, weil nicht zwischen mehreren Nutzungseiheiten „gemittelt“ wird. In der Praxis wird der Begriff  „baugleich“ ziemlich oft überdehnt, wohl auch aus Kostengründen. Dadurch wird ein Energieausweise für mehrere Wohnungen herangezogen, was aber technisch oftmals nicht nachvollziehbar, und aus rechtlicher Sicht auch nicht zulässig ist. Zur Vermeidung von Haftungsrisiken ist es jedenfalls ratsam, sich genau zu informieren, inwiefern zwei Objekte im Sinne des Energieausweises als  baugleich einzustufen sind.
  3. Zonierungskriterien: Werden beispielsweise die Obergeschosse eines Gebäudes zu Wohnzwecken und das Erdgeschoss gewerblich als Gaststätte genutzt, muss für jede Nutzung ein separater Energieausweis erstellt werden, wenn die Netto-Grundfläche beider Nutzungen je 250m² überschreiten.  Ist die Netto-Grundfläche einer Nutzung kleiner als 250m² erfolgt die Zuordnung entsprechend der überwiegenden Nutzung.
  4. Unterschiedliche Bauweise: Es wird unterschieden zwischen schwerer, mittelschwerer und leichter Bauweise. Entsprechend der Bauweise müssen auch hier unterschiedliche Energieausweise erstellt werden. Zur Info: Nach der  OIB Richlinie 6 Ausgabe 2015  gibt es noch eine vierte Gruppe, nämlich die sehr schwere Bauweise. Ab der Berechnung nach OIB Richtlinie 6, Ausgabe 2019, gibt es diese vierte Gruppe nicht mehr.

 

Hinweis: Besonders bei älteren, schlecht gedämmten Gebäuden ist es so, dass in der Regel über die Kellerdecke und die oberste Geschossdecke bzw. das Dach sehr viel Energie verloren geht. Dachgeschosswohnungen und Erdgeschosswohnungen verbrauchen daher verhältnismäßig mehr, dazwischenliegende Wohnungen entsprechend weniger Energie, was in einem Energieausweis, der für das gesamte Gebäude erstellt ist aber nicht berücksichtigt wird, obwohl diese Abweichungen beträchtlich sein können.

Wenn in alten Gründerzeithäusern die Dachgeschosse nachträglich ausgebaut sind, weisen die Dachgeschossausbauten trotz der exponierten Lage aufgrund der guten Wärmedämmung der Bauteile in der Regel einen gravierend niedrigeren Heizwärmbedarf als der Altbestand auf.

Beispiel:
Gründerzeithaus, Baujahr um 1900,  bestehend aus Vollziegeln mit massiven Zwischenwänden und einem Dachgeschoss-Ausbau 1995  in Leichtbauweise . Im Erdgeschoss befindet sich eine Gaststätte, die darüber liegenden Geschosse werden zu Wohnzwecken genutzt.
Es müssen drei unterschiedliche Energieausweise erstellt werden.

  1. Gaststätte im Erdgeschoss. Energieausweis für Nicht-Wohngebäude (HWB: 185 kWh/m²a
  2. Wohnungen Obergeschosse: Energieausweis für Wohngebäude in schwerer Bauweise (HWB: 105 kWh/m²a)
  3. Wohnungen Dachgeschossausbau: Energieausweis für Wohngebäude in leichter Bauweise (HWB: 63 kWh/m²a)
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